Lukas Pusch über Solidarität und Zensur in der österreichischen Kunstszene am Beispiel der Künstlerin Ines Doujak.
März 2015. Das Museu d’Art Contemporani de Barcelona (MACBA) sagt die Ausstellung Die Bestie und der Souverän einen Tag vor der Vernissage ab. Grund der Absage: die Skulptur Not Dressed for Conquering der österreichischen Künstlerin Ines Doujak. Die Meldung geht durch die Weltpresse. Teil der Arbeit ist eine Figurengruppe aus grauem Papiermaché. Der spanische König Juan Carlos kniet dabei auf alten SS-Helmen vor der bolivianischen Frauenrechtlerin und Gewerkschafterin Domitila Barrios de Chúngara und lässt sich lustvoll von ihr penetrieren. Die Widerstandskämpferin selbst wird dabei fröhlich von einem deutschen Schäferhund besprungen.
In Spanien löst das Werk selbst, aber auch deren Zensur heftige Reaktionen aus.
Nach massiven Protesten muss Museumsdirektor Bartomeu Mari die Ausstellung drei Tage später eröffnen und bietet seinen Rücktritt an. Der Museumsvorstand akzeptiert diesen und kündigt die MACBA-Kuratoren Paul B. Preciado und Valentin Roma. Diese hatten, gemeinsam mit den Direktoren des Württembergischen Kunstvereins Stuttgart, Hans D. Christ und Iris Dressler, die Ausstellung kuratiert und auf den Verbleib der Arbeit Not Dressed for Conquering bestanden.
Diese Schärfe und Konsequenz in der Auseinandersetzung ist in Österreich undenkbar. Hier herrscht Stille. Wie in Österreich üblich gab es nicht den Hauch von Solidarität mit der zensurierten Künstlerin. Im Gegenteil. Die subventionierte österreichische Presse beschränkte sich auf die schlichte Wiedergabe vorgefertigter APA-Meldungen. Die heimische Künstlerschaft schwieg oder agitierte in einer obskuren Mischung aus Hass und Neid gegen ihre Kollegin. Als besonders erbärmlich entpuppte sich hierbei die IG Bildende Kunst – immerhin die größte Interessensvertretung für bildende Künstler und Künstlerinnen in Österreich mit einigen Tausend Mitgliedern. Diese staatlich alimentierte Künstlergewerkschaft unterstützte die Zensur der Arbeit Not Dressed for Conquering und veröffentlichte in ihrem Zentralorgan Bildpunkt einen Hetzartikel gegen Ines Doujak. Darin wird sie des „kolonialistischen Sexismus“ und „getarnten Kolonialismus“ überführt.
Zur Bebilderung des Textes gestalteten die selbst ernannten „Antiimperialistinnen“ eine eigene ganzseitige Fotomontage. In dieser Montage wird Ines Doujak unter der Losung „Contra el Racismo“ von Gewerkschafterinnen der IG Bildende Kunst vergewaltigt und sexuell gedemütigt. Gefördert vom Bundeskanzleramt, verschickte man dies an rund 4000 Bildpunkt-Abonnenten und Leser im österreichischen Kunst- und Kulturbetrieb. So sieht gelebte Solidarität der größten Künstlergewerkschaft Österreichs mit einer zensurierten Kollegin aus. Was tut man nicht alles gegen Rassismus und Frauenunterdrückung in Wien und Umgebung! Ganz toll. Political Correctness als verlängerter Arm der Zensur. Freiheit der Kunst gibt es nur, wenn sie ins eigene ideologische Konzept passt.
So ist das mit den gedruckten Kleinformaten in Österreich. Bildpunkt auf den Spuren der Kronen Zeitung. Dieses finstere Blatt wurde einst auch mit Gewerkschaftsgeldern gegründet. Da wirkt es fast konsequent, wenn sich der Hass der Bildpunk-Redaktion intuitiv gegen eine Figurengruppe aus Papiermaché wendet, die Ines Doujak aus Tausenden geklauten Exemplaren der Boulevardzeitung gefertigt hatte. Es verwundert in diesem Kontext auch nicht, dass die Hetze fast ausschließlich von „feministischen“ Aktivistinnen und Aktivisten getragen wurde. Selbst die Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ) teilte die Schmähungen von Bildpunkt wohlwollend und unkommentiert auf ihrer Facebook-Seite.
Mein fünfjähriger Sohn würde diese „antisexistischen“ Heldinnen und Helden wahrscheinlich als Lulus beschimpfen. Zu Recht.