Liebe Freunde, Sammler und Kunstinteressierte,
ich bin zurück von einer Expedition in Kamtschatka.
Die Reise war Teil meiner Arbeit an dem Malereizyklus Flora Sibirica.
Der Titel Flora Sibirica bezieht sich auf das gleichnamige Werk des deutschen Botanikers Johann Georg Gmelin, der im 18. Jahrhundert die Vegetation Sibiriens erforschte. Als Grundlage dienten ihm seine Aufzeichnungen von der 2. Kamtschatka-Expedition, die 1733 startete und zehn Jahre lang dauerte. Gmelin marschierte damals zu Fuß von St. Petersburg nach Kamtschatka und wieder zurück.
Die 2. Kamtschatka Expedition, an der in Summe rund 3000 Personen beteiligt waren, zählt bis heute zu den größten wissenschaftlichen Unternehmungen der Menschheitsgeschichte und kostete rund ein Sechstel des damaligen russischen Staatshaushaltes. Kamtschatka ist eine Halbinsel im äußersten Osten Sibiriens.
Auf einer Fläche, etwas größer als Deutschland, leben dort 380 000 Menschen,
mehr als die Hälfte davon in der Hauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski.
Eine Straßenverbindung zum Festland gibt es nicht, wohl aber 160, großteils noch immer aktive, über 4000 Meter hohe Vulkane.
Bis Anfang der 1990-iger Jahre war Kamtschatka militärisches Sperrgebiet.
Heute steht mehr als die Hälfte des Territoriums unter Naturschutz und darf nur mit Sondergenehmigung betreten werden. Unsere deutsch-russisch-kirgisische Expedition wurde von Dr. Boris Bolshakov (Institut für Ökologie, Petropawlowsk-Kamtschatski) und Dr. Stephan Flechtner (Institute of Ecology and Regional Studies, Bischkek) geleitet.
Mein Freund, der Botanikprofessor Hans D. Knapp aus Rügen war auch in unserer Forschergruppe. Wir lernten uns 2009 in Kosch-Agatsch, an der russisch-mongolischen Grenze kennen. Ich organisierte damals Wanderausstellungen mit der auf der Ladefläche eines sowjetischen Lkw ZIL 130 montierten White Cube Gallery Novosibirsk. Damals begann meine Suche nach einem neuen Tahiti. Einem neuen Tahiti im Geiste Paul Gauguins. Einem neuen Tahiti als Metapher für den romantischen Aspekt der Moderne nach dem Scheitern des Futurismus. Dieses Jahr machte ich mich mit einer zehnköpfige Gruppe zu Fuß und mit einem umgebauten, geländegängigen LKW KAMAZ auf den Weg. Ein Monat unter freiem Himmel in der atemberaubenden Urlandschaft Kamtschatkas. Wir durchstreiften die Gebirgstundra und bewunderten die Flora und Fauna am Ochotskischen Meer. Im Fokus der Forscher standen von den Urvölkern Kamtschatkas verwendete Heilpflanzen, verschiedene endemische Gewächse und erste Pionierpflanzen auf Vulkanaschefeldern. Am Ende der Expedition gründete ich das Art Center Kamtschatka. Zur Eröffnungsausstellung kamen 10 000 Stechmücken, ein Kamtschatkabär mit seinen Jungen, zwei Riesenseeadler, fünf Kamtschatkakrabben, ein ostsibirisches Mauswiesel und ein Wal.
Ich suchte Tahiti und fand Kamtschatka.
Druschba und liebe Grüße
Lukas Pusch
Aussendung von Lukas Pusch im Sommer, 2017