Kuratoren-Kunst vs Marktkunst: Ein Scheingefecht

Der Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich ließ mit einem kritischen Vortrag auf der Hochschule für bildende Künste in Hamburg aufhorchen.

Ullrich beschreibt darin das Phänomen einer immer mehr auseinander driftenden
Kunstwelt, in der auf der einen Seite nur noch für Kuratoren und auf der anderen nur noch für den Markt produziert wird. Ullrich prophezeit, dass diese beiden Welten perspektivisch völlig auseinanderbrechen werden.

 

Der Künstler Daniel Chluba will nicht zur documenta 14

„Wir wollen nicht zur documenta 14“ von Daniel Chluba

Der Künstler Bazon Brock widerspricht Ullrichs Thesen in einem Interview mit dem Deutschlandfunk vehement. „Auf Dauer würden sich Unabhängigkeit und Freidenkertum durchsetzen,“ so der dreifache documenta-Teilnehmer Brock. Er glaubt auch nicht, dass Kuratoren eine „Gegenfront“ zum Kunstmarkt bilden können. Sie hätten sich „am meisten blamiert“, so Brock mit Verweis auf die documenta 14. „Das, was in Kassel geboten wird, ist unter aller Sau und hat keinerlei Profil. Die Kuratoren haben auf der gesamten Bandbreite versagt und sind noch absurder organisiert als der Markt. Meinetwegen können die Kuratoren alle zum Teufel gehen.“

„Die Diagnose von Wolfgang Ullrich, dass die beiden Kunstwelten auseinander driften, ist zutreffend. Dass es zu einem definitiven Bruch kommt, ist eine riskante These.
Natürlich gefällt mir Brock’s Freigeisterei und seine offene Verdammung der documenta. Was ich bei beiden Autoren vermisse, ist die Diskussion der Rolle des Staates. Wenn man dies etwas durchdenkt, könnte man anstatt vom dramatischen Schisma, auch von Arbeitsteilung sprechen. Hier liberal-demokratische Öffentlichkeitsarbeit (im Sinne parteipolitischer Interessen) dort „freie“ Marktwirtschaft (in dessen Namen die Parteien überleben).
Gerade diese Arbeitsteilung erlaubt es, einen gesellschaftlichen Konsensus aufrecht zu erhalten. Noch zugespitzter gesagt: Sowohl die „freie“ Diskurs-documenta als auch die „freie“ Marktkunst versuchen, autonome, nicht konforme Geister fern zu halten…, “ schreibt der New Yorker Antist-Autor und Künstler Gerhard Frommel.

Eine Kritik von Gerhard Frommel zur Whitney Biennale in New York finden Sie in der aktuellen Ausgabe des Antist.